Das Jahr 2023 ist geprägt von beispiellosen Herausforderungen, wie der Energiekrise, dem Arbeitskräftemangel, der steigenden Inflation, den hohen Zinsen und den globalen Konflikten. Zu alledem kam noch die utopische Forderung nach einer gesetzlichen Arbeitszeitverkürzung, die unser Sozialsystem an den Rand des Kollapses bringen würde. Und letztlich erleben wir zurzeit Kollektivverhandlungen, die von heftigen Debatten um Lohnerhöhungen inmitten einer Inflationskrise geprägt sind und bei denen es keinen Konsens zu geben scheint. Aber, …
…der Schein trügt.
Denn Kompromisse können immer erzielt werden. Wenn man vernünftig und im Sinne der Sozialpartnerschaft miteinander verhandelt, ohne die volks- und standortwirtschaftlichen Konsequenzen außer Acht zu lassen. Eine Lohnerhöhung 2024, die an die Inflationsrate 2023 gekoppelt ist, mag gerecht erscheinen. Doch sie basiert nicht mehr auf realen Daten. Aktuell wird die Teuerung mit 9,6 Prozent beziffert (durchschnittliche Inflation von Sept. 2022 bis Sept. 2023). Doch tatsächlich hat die Inflation bereits während der laufenden Verhandlungen immer weiter abgenommen. Interessant ist auch, dass die hohe Inflation, die wir erleben, nicht hausgemacht ist. Sie wird von externen Faktoren verursacht. Außerdem zeigt eine aktuelle Kaufkraftstudie, dass die Kaufkraft wieder gestiegen ist. Diese Entwicklungen sind ein Beleg dafür, dass diese geforderte Lohnerhöhung von 11,6 Prozent nicht unbedingt die beste Lösung ist, um die gegenwärtigen wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern.
Gehaltsverhandlungen: Partnerschaft statt Konkurrenzkampf
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Perspektive der Arbeitgeber:innen zu berücksichtigen und Verständnis für deren Positionen zu entwickeln. Sie werden allzu schnell angeprangert, sind in diesen Verhandlungen aber nicht per se „die Bösen“. Sie stellen sich den Herausforderungen wirtschaftlicher Instabilität und suchen nach nachhaltigen Lösungen. Es muss schon für alle Seiten Sinn ergeben.
Wirtschaftsbund-Direktor Jochen Pack bringt es auf den Punkt: „Flexible und nachhaltige Gehaltsverhandlungen sind der Schlüssel für eine stärkere Zukunft. Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen müssen gemeinsam agieren, um die wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen und langfristigen Erfolg zu sichern.“
Eine Option könnte sein, die geforderte Lohnerhöhung grundsätzlich zu bejahen, aber sie nicht ausschließlich heuer vorzunehmen. Ein Teil jetzt, plus Prämien – gefolgt von der Erhöhung um den zweiten Teil im nächsten Jahr 2024. So könnte die Forderung erfüllt und die Lücke gewissermaßen geschlossen werden, ohne dass Unternehmen unverhältnismäßig belastet werden.
Fairness und Verständnis für beide Seiten
Letztlich sind sie es, die Arbeitgeber:innen, die den Kraftakt im kommenden Jahr 2024 vollbringen müssen. Ihr Risiko ist ungleich höher. Sie sind es, die den dreifachen Spagat schaffen müssen: Steigende Kosten und höhere Gehaltsforderungen in Einklang bringen, wettbewerbsfähig bleiben und Mitarbeiter:innen fair entlohnen. Denn wir leben in Zeiten, in denen Arbeitgeber:innen um die besten Kräfte werben – nicht umgekehrt.
Die Gehaltsverhandlungen sind komplex und viele Aspekte müssen berücksichtigt werden. Was Unternehmen jedoch in diesen Lohnverhandlungen erreichen möchten, ist eine faire und nachhaltige Lösung, die sowohl den Bedürfnissen der Arbeitgeber:innen als auch denen der Arbeitnehmer:innen gerecht wird.